… an den Spielt­a­gen um den 27. Jan­u­ar 2020
 
Am 27. Jan­u­ar 2020 jährt sich zum 75. Mal jen­er Tag, an dem die Über­leben­den im Konzen­tra­tionslager Auschwitz durch die Rote Armee befre­it wur­den. In Demut, Respekt und Mit­ge­fühl gedenken wir aller Opfer, der Über­leben­den und Ihrer Fam­i­lien. Die Glaub­würdigkeit dieser sol­i­darischen Trauer für die Opfer bemisst sich an der Maxime, dass Auschwitz „Nie wieder“ sei!

Dieser Tag erin­nert die Fußball­fam­i­lie daran, dass Men­schen aus ihren Rei­hen von den Nation­al­sozial­is­ten ver­fol­gt und ermordet wur­den, unter Mith­il­fe ein­er unüberse­hbaren Zahl williger Mitläufer. Dass dieses Men­schheitsver­brechen in dieser mörderischen Per­fek­tion gelang, daran hat­te auch der Fußball seinen Anteil. Der Auss­chluss und damit die Preis­gabe der jüdis­chen und kom­mu­nis­tis­chen Vere­ins­mit­glieder, sehr oft als jubel­nde Erfol­gsmeldung in den Vere­in­snachricht­en veröf­fentlicht, wird unvergessen bleiben.

Neben jüdis­chen Men­schen, den poli­tis­chen Geg­n­ern und anderen aus­ge­gren­zten Grup­pen waren im be-son­deren die deutschen und europäis­chen Sin­ti und Roma in der NS-Zeit schreck­lich­er Ver­fol­gung aus-geset­zt. Hun­dert­tausende fie­len der Ver­nich­tungspoli­tik der Nazis zum Opfer; allein im KZ Auschwitz wur­den mehr als 20.000 von ihnen ermordet.

Der deutsche Fußball ste­ht gegenüber den Sin­ti und Roma in ein­er beson­deren Ver­ant­wor­tung. Denn es war der langjährige DFB-Präsi­dent Felix Lin­ne­mann, der vor 1945 als SS-Stan­darten­führer und Kripochef von Han­nover unmit­tel­bar an ihrer bru­tal­en Ver­fol­gung beteiligt war. Seine Amtsstelle entsch­ied darüber, welche Sin­ti und Roma deportiert, ster­il­isiert oder zur Zwangsar­beit eingeteilt wur­den. Viele hun­dert von ihnen wur­den in Lin­ne­manns direk­ter Ver­ant­wor­tung in die Ver­nich­tungslager ver­schleppt und dort ermordet.

2020 ist der Antizigan­is­mus in Deutsch­land und bei unseren europäis­chen Nach­barn wieder auf dem Vor-marsch. Repräsen­ta­tive Umfra­gen bele­gen diese Entwick­lung. Es ist das Gebot der Stunde, sich zusam-men mit den Sin­ti und Roma Freunden*innen gegen dieses Übel entsch­ieden zur Wehr zu set­zen. Das gelingt durch das gemein­same Engage­ment für eine starke Demokratie.

Dieses Engage­ment ist alter­na­tiv­los. Die Fußball­fam­i­lie hat das ver­standen. Immer mehr Fans und Fan-pro­jek­te, Ama­teur- und Profivere­ine, die Fußbal­lver­bände und zivilge­sellschaftliche Ini­tia­tiv­en arbeit­en mit Phan­tasie und Mut für ein den Men­schen­recht­en verpflichtetes Gemein­we­sen und für eine offene und sol­i­darische Gesellschaft.

Die fortschre­i­t­en­den Bru­tal­isierung der Sprache durch nation­al­is­tisch gesin­nte und recht­sradikale Ein-zelper­so­n­en, Grup­pen und Parteien, die zu Mor­daufrufen und zu Mor­den geführt haben, erwartet eine Antwort. Die Bedro­hung unser­er jüdis­chen und unser­er Sin­ti und Roma – Fre­undin­nen und Fre­unde, Mit-stre­i­t­erin­nen und Mit­stre­it­er, ver­ste­hen wir als eigene Bedro­hung. Mit ihnen zusam­men set­zen wir unse-re Wehrhaftigkeit auf dem Feld des Fußballs und in der Zivilge­sellschaft dage­gen. Wenn Geflüchtete, die vielfach in unseren Vere­inen ein Zuhause gefun­den haben, bedro­ht und gejagt wer­den, soll­ten sie sich auf unseren Schutz ver­lassen können.

In diesen Auseinan­der­set­zun­gen wer­den wir durch die kos­mopoli­tis­chen Tra­di­tio­nen im deutschen Fuß-ball bestärkt. Nie­mand verkör­perte sie so ein­drucksvoll wie der jüdis­che Fußball­pi­onier Walther Bense-mann, Ini­tia­tor und Mit­be­grün­der viel­er deutsch­er Fußbal­lvere­ine und Grün­der des Sport­magazins „Ki-cker“. Nach den Lei­den des Ersten Weltkrieges forderte er die Fußballer dazu auf, „als Sport­sleute die hohe Ethik des gemein­schaftlichen Ban­des zu einem Sym­bol des Fußball-Völker­bun­des zu erheben“.

2020, im Jahr der Fußball-Europameis­ter­schaft, knüpfen wir am „Erin­nerungstag im deutschen Fußball“ an diese europäis­che Vision an. Walther Bense­mann hat uns mit seinem sozialen Engage­ment, mit der Anre­gung und der Organ­i­sa­tion von „Inter­na­tionalen Fußball­spie­len um Frieden­spokale“, mit seinem mu-tigen Anschreiben gegen den völkischen Nation­al­is­mus und gegen den Mil­i­taris­mus den Weg gewiesen.

„Der hohen Ethik des gemein­schaftlichen Ban­des“ fühlen wir uns am 27. Jan­u­ar 2020 – am „16. Erinne-rungstag im deutschen Fußball“ — zutief­st verpflichtet. Diese Ethik gilt für alle Men­schen weltweit. Sie ist dem Fußball seit seinen Anfän­gen eingeschrieben. „Nie wieder“ ist wehrhafte Ein­mis­chung! Das sind wir den Opfern, den Über­leben­den von Auschwitz uns selb­st und Europa schuldig.

Der vor­liegende Aufruf wurde ver­fasst von der Ini­tia­tive „!Nie wieder – Erin­nerungstag im deutschen Fußball“. Das Net­zw­erk aus Fan­grup­pen, Fan­pro­jek­ten, anti­ras­sis­tis­chen Bünd­nis­sen, Ama­teur- und Profivere­inen, der DFL und des DFB, sowie zahlre­ichen Insti­tu­tio­nen aus der Zivilge­sellschaft, organ­isiert seit 16 Jahren „den „Erin­nerungstag im deutschen Fußball“, an den Spielt­a­gen um den 27. Jan­u­ar. Kern­punk­te der Kam­pagne sind das mit­füh­lende Erin­nern an das unendliche Leid, das Mil­lio­nen Men­schen in der NS-Zeit erfahren mussten, mit beson­deren Blick auf die preis­gegebe­nen Mit­glieder der Fußballfamilie.
Darüber hin­aus ver­ste­ht sich die Kam­pagne als his­torischen und poli­tis­chen Lern- und Aktion­sort, wo sich Men­schen, die den Fußball lieben, gen­er­a­tionsüber­greifend, mit klu­gen und kreativ­en Aktio­nen im Sta­dion und in der Zivilge­sellschaft für ein demo-kratis­ches, den Men­schen­recht­en verpflichtetes Gemein­we­sen engagieren. 

 

www.erinnerungstag.de

www.niewieder.info