Landesklasse 34. Spieltag SV Rositz — ZWÄTZEN 0:1 (0:0) Zuschauer 260
…ich berichte vom fucking unbelievable, herzschrittmacherkillenden, schweißtreibenden, wahnsinnigsten Saisonfinale aller Zeiten in der Geschichte des Zwätzener Fußballs. Die Ausgangslage war ja klar. Wir müssen gewinnen- wo ? In Rositz, haha- wahnwitzig witzig, die haben zu Hause seit 2 Jahren kein Spiel mehr verloren. Außerdem müssen dann auch noch Roschütz und Saalfeld unentschieden spielen oder Weida zu Hause verlieren.
KAPITEL 1 — Die Anfahrt
Also auf geht’s. Vasolds Bernd hatte extra einen Tag Urlaub genommen, und einen Bus gechartert- vielen Dank dafür, Bernd, bist ein Guter. 12.30 Uhr Abfahrt in Zwätzen, im Bus vorn drin die Mannschaft und hinten die Fans. Es waren noch Plätze frei, schade dass die Zweite zeitgleich in Maua ran musste, von der Dritten interessieren sich wohl nicht viele für Fußball. Aber egal, alle diejenigen die nicht mit waren, obwohl sie gekonnt hätten, werden es für den Rest ihrer Tage bereuen. Im Bus lese ich zunächst das Interview mit Trainer Barich, in dem er erneut, wie schon seit Wochen gebetsmühlenartig von der ominösen 88. Minute spricht, in welcher Zwätzen den 1:0 Siegtreffer erzielen wird. Wie recht er damit haben sollte, ahnte zu diesem frühen Zeitpunkt noch keiner. Unsere Jungs sind konzentriert bei der Anfahrt, die Fans lassen derweil die ersten Kronkorken knacken. Automatik-Bernd verschaltet sich ab und an und quittiert das Grummeln des Getriebes mit einem diabolischen Grinsen. Hinter mir sitzt die Jena- Ost Brigade, einer von ihnen singt schon was vom “schäumenden Met” oder so. Gute Stimmung, trotzdem auch Zeit für Besinnung. Wie geht es nächstes Jahr weiter, müssen wir eine Liga runter ? Vor mir sitzen die “Falken”, jene unverwüstlichen und treuen Fans, die mit ihrer Mannschaft auch nächstes Jahr in der KOL wieder mitfahren werden- Ehrensache. Allerdings vermisst der Häuptling “sprechender Falke M.G.” seine Ranisfahne, jene selbstentworfene ( und mit mehreren Design- Awards ausgezeichnete) Flagge. Brauchen wir nächste Saison eine neue Fahne ? Gibt es in Rositz wirklich Altenburger Bier ? Warum fahren wir gerade über ein Maisfeld statt auf der Straße ? Da waren sie wieder, meine drei Probleme. Lösungen nicht in Sicht. Dafür passieren wir jetzt den Ortseingang von Rositz, Bernd steuert seinen Bus entsprechnd der Ausschilderung- und fährt erstmal in eine Einbahnstraße- allerdings von der falschen Seite. Ja, so langsam wird der erfolgreichste Busfahrer unseres Vereins zu einer Legende, nur noch vergleichbar mit den Busfahrer- Ikonen Ray Charles und Stevie Wonder. Wir sind da.
KAPITEL 2- der Platz
Das ist er also, der Platz des Landesklassemeisters. Ich erinnere mich, hier vor ca. 22 Jahren schon mal gewesen zu sein. Damals schwammen auf dem Rositzer Teersee noch Enten. Ja, die Anlage gefällt mir sehr gut. Herzlich empfangen von den einheimischen Ordnern und den sehr gastfreundlichen Bedienungen an Zapfhanh und Grill wird erstmal der oben beschworene “Met” geordert. Schreck : Altenburger ! Schreck lass nach : Altenburger Lagerbier. Kalt und schäumend darf ich sagen: Richtig gut. Fanden im übrigen auch alle anderen Konsumenten. Ich versuche, der älteren Dame klar zu machen, dass heute der Tag ist, an dem ihre Rositzer Lieblinge verlieren werden, allein, ihr fehlt der Glaube daran. Na ja, wir werden ja sehen. 14:50 Uhr : Übergabe des Meisterpokals an den SV Rositz, sehr schön zelebriert vom Gastgeber, allerdings wurde das Mikrofon nicht solide ausgesteuert, so knarzt es in den Boxen ( ich habe auch immer was zu meckern, ich weiß). 14:55 Uhr : was passiert denn jetzt ? … die wollen doch nicht etwa ? Doch, doch, sie tun es ! Entgegen der Mutter aller Fußballweisheiten stellt sich die Mannschaft des Gastgebers zum Foto- vor dem Spiel !!! Jetzt werde ich ruhig, ja fast schon gelasssen, denn für mich steht eines fest. Wir werden heute gewinnen ! Zustimmung erhalte ich vom Kollegen, der sich erinnert, dass seinerzeit auch der BSC Jena gegen unsere Dritte vor dem Spiel… aber das ist eine andere Geschichte.
KAPITEL 3- das Spiel
Pünktlicher Anpfiff um 15:00, die “Falken” halten die Gegengerade besetzt und malträtieren die hiesige Bandenwerbung mit den Händen, ihre Fahne hängt und auch die Zwätzener Riesenfahne ist montiert und flattert lustig im Wind. Ca. 60 Mann (und Frauen) sind es dann doch noch geworden, die den Weg aus Zwätzen in’s Altenburger Land gefunden haben- sie erleben in Kürze einen denkwürdigen Tag. In den ersten 10 Minuten zeigen die Gastgeber, warum sie mit einem Riesenvorsprung Meister wurden- schnelles, direktes Spiel, laufstark im Mittelfeld und in der Abwehr kompromisslos. Hier kann man schnell mal komplett untergehen. ABER: der Gegner ist ZWÄTZEN- und der ist am heutigen Tag zu allem bereit. Und so schafft es die Barich-Elf, ebenfalls in’s Spiel zu finden. Harte Zweikämpfe mit Vorteilen für uns sind die Folge, und jetzt geht auch Spielerisch einiges. Die 18m- Granate von Rögner findet aber ebenso ihren Meister in TW Fleissner wie einige gefährlich vor das Tor gebrachte Eckbälle. Der Kerl ist wirklich gut ! Nach 25 min wird bei einem Spielzug über rechts Nenz im 16-er von den Beinen geholt- die Pfeife des Schiris bleibt aber stumm. War das ein Elfer ? Ich kann es nicht genau beurteilen. Jetzt ist mächtig Dynamik im Spiel- schnelle Ballstaffetten beider Mannschaften münden in Torgelegenheiten auf beiden Seiten, aber nach 45 min stehen auf der Anzeigetafel zwei Nullen.
Halbzeit. Wie steht es auf den anderen Plätzen ? Was ist denn mit meinem Telefon los ? Aber nicht nur bei mir hapert es an einer ausreichenden Internetverbindung, auch die Bemühungen der heimischen Fans sind nicht von Erfolg gekrönt. So was nennt man dann wohl Funkloch. Ist ja auch egal, denn (Zitat R.S.)…“solange wir keines schießen, spielen die anderen Ergebnisse keine Rolle”. Recht hat er. Also noch schnell eine Stärkung für die zweite Hälfte beim Zapfhahnmann geholt, denn beide Teams kommen zurück. Die letzten 45 min nach 34 Spieltagen brechen an. Bei mir steigt der Spannungspegel. Verwundert reibe ich mir ab der 60.min die Augen, denn je länger das Spiel geht, umso mehr übernehmen wir die Platzherrschaft. Keiner der Rossoneri scheint müde zu werden, alle legen noch mal zu. Das haben die Gastgeber hier noch nicht erlebt, denn normalerweise drehen sie hier jedes Spiel und drücken der Partie ihren Stempel auf. Nein, nein und nochmals nein- heute nicht. Heute ist unser Tag. Bloß, wir brauchen doch unbedingt dieses eine, alles entscheidende Tor. Warum fällt es denn nicht endlich ? Weil im Tor der Hausherren jener Fleissner steht, der alles, aber wirklich alles hält. Kopfball Nenz, der Versuch P. Mills, Kopfball Burghardt. Immer ist Fleissner zur Stelle. Rögner drischt aus 18 m halbrechts eine wahre Fackel auf die Bude, der Ball flattert- Fleissner hält! Jetzt ein Foul an Heewig, auf der 16-er Linie ??? Nein, der Schiri verlegt nach draußen. Also Freistoß. Selbigen kracht wieder Rögner mit geschätzten 160 km/h durch die Mauer auf’s Tor- doch der Keeper reißt die Fäuste nach oben und kann noch abwehren. Unglaublich ! Was muss denn noch passieren, damit wir endlich das (mittlerweile hochverdiente) Tor erzielen ?
KAPITEL 4 — das Wunder
Mein Blick auf die Rositzer Stadionuhr und die Erkenntnis, dass wir uns in Minute 85 ( in Worten: fünfundachtzig) befinden. Freistoß von der rechten Seite. In diesem Augenblick beginnt der Wolkenbruch in Rositz, es gießt wie aus Kannen. Die Rositzer Anhänger begeben sich auf die Suche nach einem Unterstand, aber fast alle Zwätzener Fans bleiben stehen und bangen, und hoffen und ahnen und wünschen… Jetzt bringt Gleitsmann den Freistoß, mit Schmackes vor das Tor. Hentrich und Burghardt steigen am höchsten, aber die Abwehrspieler der Rositzer sind auch mit den Köpfen dran. Demzufolge fällt der Ball herunter, alle versuchen das Streitobjekt zu treffen und schlussendlich drückt ihn Hentrich über die Linie.- Stille ( ca. 2/100 Sekunden lang). Und dann: ...jaaaaaaaaaaaaa, Tor ! Tor für Zwätzen. Da ist das 1:0. Der Platz wird kurzzeitig gestürmt, Trainer, Betreuer, Wechselspieler, Fans liegen sich in den Armen. Noch 5 Minuten, wahrscheinlich lässt der Schiri auch noch nachspielen. Die Zwätzener Anhänger stellen ihre Herzschrittmacher auf Automatikmodus. Rositz kommt wütend zurück. Aber die langen Bälle sind kein Problem, da kommt schon wieder einer, jaja den fängt Ron gleich sicher ! NEIN- tut er nicht, er will den Ball mit der Brust annehmen, um die Uhr runterlaufen zu lassen. Das misslingt jedoch- Rositzstürmer Dennhardt ist zur Stelle und wird zum Ausgleich einschieben, oder … Nein, jetzt kommt unser wahnsinnsbehafteter Keeper angeflogen und hechtet den Schuss zur Ecke. Puuuhhh. Durchatmen ! Mit was ? Ich bekomme eh keine Luft mehr. Der Wahnsinn geht weiter. Die Ecke kommt gut, die Rositzer sind mit dem Kopf dran, zum Glück zwei Meter am Tor vorbei. Abpfeifen ! Ich kann nicht mehr ! Jetzt spricht mich ein Rositzer Offizieller an und fragt, wieso wir auf dem viertletzten Platz der Tabelle stehen. Er sagt weiterhin, dass wir in seinen Augen die stärkste Truppe sind, die hier in der ganzen Saison aufgedribbelt ist. Und meint außerdem, dass er uns den Sieg und den Nichtabstieg gönnt. Danke, aber dann muss doch endlich das Spiel aus sein. Jetzt, ja in diesem Moment kommt der Schlusspfiff. Teil eins der Mammutaufgabe wurde also von unseren Lieblingen erfüllt. Ein weiterer Rositzer verkündet mir hernach Unerfreuliches. Roschütz hat gewonnen und nicht unentschieden gespielt. Jetzt bleibt nur noch eine Möglichkeit : Weida muss verlieren. Aber plötzlich sehe ich auf dem Platz ein großes Tohuwabohu, die Zwätzener Kicker liegen sich in den Armen, jubeln, schreien. Ich bin misstrauisch. Trainer Barich kommt zu uns und sagt“es reicht !!!”. Ich bin misstrauisch. Jetzt kommt die Mannschaft, alle patschnass, ich ja auch, Kanne und Hetzi sowieso und auch alle anderen. Wir jubeln. Trotzdem bin ich misstrauisch, ich glaube es erst, wenn ich das Ergebnis schwarz auf weiß lese. 5 Minuten später : Ich bin nicht mehr misstrauisch- nein jetzt stimme ich mit Trainer Barichs Aussage vor dem Spiel überein: I believe !
Zwätzen: Thaler- Burghardt- Hentrich- N. Czimmernings- Figuth (Heewig)- Rögner- Wolff (Meudtner)- Wolter- Gleitsmann- P. Mill (Cevin Czimmernings) — Nenz
KAPITEL 5 — Jubel und Rückfahrt
Der Himmel über Rositz hat mittlerweile alle Schleusen geöffnet, auf und neben dem Platz steht das Wasser 10 cm hoch. Don’t care ! Nur noch Jubel bei allen Zwätzenern, und ehrliche Glückwünsche der Rositzer an uns. Danke. Sehr nett. Bis der Bus los fährt, kann man ja noch ein Bierchen zünden. Einen haben wir noch: Angestachelt durch den Coach lässt sich der freundliche Wolff sen. nicht lange bitten und setzt einen Diver vom Allerfeinsten in den Rositzer Ground. Da jubeln sogar die die Gastgeber mit. Busbernd hat alle seinen Schäfchen wieder an Bord. Back to the Bridgestreet heißt die Devise. Unsere Mannschaft ist sehr leise, irgendwie sind sie wohl alle etwas angefasst. Die Fans laufen derweil auf Hochtouren. Dürfen Männer eigentlich weinen ? Eigentlich nicht, aber an einem solchen Tag wohl schon. Von diesem Recht machen an einem denkwürdigen 13. Juni 2015 einige Gebrauch. Bei einer Pause auf dem Rastplatz Teufelstal steigen einige Rentner schnell wieder in ihre Autos, als der ZWÄTZEN-Bus mit einem hämmernden “Come on, come on, oh Zwätzen, come on” einfährt. Jetzt ist auch die Mannschaft wieder gut drauf und beteiligt sich an den Gesängen der Fans. Bei der Ankunft auf dem schönsten Sportplatz der Welt bereitet die “Zweite” zusammen mit Kneiper Achim unseren Helden einen Gänsehautempfang. Und ich erinnere mich an einen Aufstieg, der schon ein paar Jahre zurück liegt. Die Dresse mit der legendären Aufschrift haben wohl nur noch wenige, aber ich brauche kein solches Dress, ich brauche es auch nicht zu lesen, denn in meinem Kopf steht es für alle Zeiten in Großbuchstaben geschrieben: ZWÄTZEN IST DER GEILSTE CLUB DER WELT. Noch Fragen ?
KAPITEL 6 — Ende und Danke
Ich bedanke mich im Namen der Abteilungsleitung und des Vorstandes, aber vor allen Dingen ganz persönlich bei der Mannschaft, bei Trainer Barich, bei den Betreuern, bei allen Fans und Anhängern, bei den Diensten der Heimspiele, bei der Kneipe vom Feinsten, bei M.Cz., bei Platzwart T.B. und E.L. und bei allen , die ich jetzt nicht genannt habe für eine nicht immer einfache, aber am Ende glückliche und erfolgreiche Saison mit einem Herzschlagfinale, das es wohl so noch nie gab. Ich wünsche den Spielern und dem Trainer eine verdiente Sommerpause, und unserer Mannschaft mit dem neuen Trainerduo Dauel / Wolter in der nächsten Saison viel Erfolg !
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